Mameleben oder das gestohlene Glück
Lesung und Gespräch anlässlich des 9. Novembers
"Die Schule musste sie verlassen, Abitur konnte sie nicht machen, nach Paris musste sie fliehen, sich dort verstecken, schwarzarbeiten, den Vergnügungen eines jungen Lebens wie Varieté, Kino oder Tanz nur unter größten Gefährdungen nachgehen. Sie ist siebenundzwanzig. Keine Stunde in den vergangenen Jahren ohne Angst, ohne Herzklopfen. Und auch heute, im Schutz einer falschen Identität ist sie wie aufgeschrecktes Wild, jederzeit bereit zur Flucht." Charlotte, die Mutter des Autors Michel Bergman, sitzt an der Grenze zwischen Frankreich und der Schweiz, wo sie endlich Zuflucht findet. Ihr Sohn zeichnet ihr Leben als Roman nach, das "mameleben", was auf Jiddisch eine ehrenvolle Anrede für die Mutter ist, aber auch bedeutet: "Mutter, du sollst leben". Der Sohn wird 1945 als Kind internierter jüdischer Eltern in einem Lager bei Riehen bei Basel geboren, seine Kindheit verbringt er in Paris, die Jugendjahre in Frankfurt a.M. "Ich bin am Rand eines Massengrabs aufgewachsen", sagt er einmal, "alle Toten saßen mit am Tisch." Die Traumata der Elterngeneration übertragen sich auf ihre Kinder, prägen ihr Leben, bestimmen ihr Denken. Auch die Überlebenden leiden schwer an diesem Schicksal, sie haben ein "schlechtes Gewissen", dem Tod entronnen zu sein.
Kooperation mit:
Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit e.V. Münster; Deutsch-Israelische Gesellschaft e.V. Münster