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Weckt die Welt auf!

Papst Franziskus im ersten Jahr seines Pontifikats

Martin Dabrowski; Maria Kröger (Hg.)

"Weckt die Welt auf!"

"Weckt die Welt auf!", sagte Papst Franziskus Ende November 2013 zu rund 120 Generaloberen der Männerorden im Vatikan. "Die Kirche muss attraktiv sein. Weckt die Welt auf!" Er forderte dazu auf, durch anderes Handeln die Möglichkeit aufzuzeigen, in der Welt anders zu leben. Dieses Zeugnis vom anderen Leben sei wie ein Propheten-Dasein; es führe manchmal zu Krach, Getöse und Tumult, es führe zu Durcheinander. Aber in Wirklichkeit verkünde Prophetie das Evangelium. So ist auch das gelebte Zeugnis von Franziskus Prophetie für ein anderes Leben, für das Evangelium.

Papst Franziskus formuliert als eigenen Anspruch, zu leben, was er von anderen verlange. Dieser Forderung ist er im ersten Jahr seines Pontifikats gerecht geworden: Er setzte Zeichen, die Mut machen. Am Abend seiner Wahl trat er nur in weißer Soutane auf den Balkon im Vatikan und bat die Gläubigen um ihr Gebet, bevor er ihnen den Segen gab. Er bezog sein Quartier nicht im Apostolischen Palast, sondern blieb im Gästehaus Santa Marta, weil er Gemeinschaft brauche. Franziskus erklärte in einem Interview am 19. August 2013: "Das päpstliche Appartement im Apostolischen Palast ist … alt, geschmackvoll eingerichtet und groß, nicht luxuriös. Aber letztendlich gleicht es einem umgekehrten Trichter. Es ist groß und geräumig, aber der Eingang ist wirklich schmal. Man tritt tropfenweise ein. Das ist nichts für mich. Ohne Menschen kann ich nicht leben.

Ich muss mein Leben zusammen mit anderen leben." Seine erste Fernreise führte ihn auf Lampedusa in das Aufnahmelager für Flüchtlinge aus Afrika. Er betete für die Migranten "und für alle, die nicht bis hierher gekommen sind". "Lampedusa soll ein Leuchtturm für die ganze Welt sein", sagte Papst Franziskus, "damit sie die aufnimmt, die ein besseres Leben suchen."

Auch seine im November 2013 promulgierte Exhortatio "Evangelii Gaudium" ist anders als andere Papstschreiben. Er wählte einen bildhaften Sprachstil und ermuntert die Kirche dazu, einen neuen Aufbruch zu wagen. Seine zuvor gesetzten Zeichen werden darin theologisch fundiert. So schreibt Franziskus: "Jesus Christus kann auch die langweiligen Schablonen durchbrechen, in denen wir uns anmaßen, ihn gefangen zu halten, und überrascht uns mit seiner beständigen göttlichen Kreativität. Jedes Mal, wenn wir versuchen, zur Quelle zurückzukehren und die ursprüngliche Frische des Evangeliums wiederzugewinnen, tauchen neue Wege, kreative Methoden, andere Ausdrucksformen, aussagekräftigere Zeichen und Worte reich an neuer Bedeutung für die Welt von heute auf. In der Tat, jedes echte missionarische Handeln ist immer ‚neu‘."

Die Akademie Franz Hitze Haus thematisierte in mehreren Veranstaltungen sowohl die Exhortatio "Evangelii Gaudium" als auch das erste Jahr des Pontifikats von Papst Franziskus. In dieser Publikation sollen weitere Artikel einen Einblick geben in die Persönlichkeit von Papst Franziskus und das, was er in seinem ersten Jahr bewegt hat. So schreibt Pater Klaus Mertes SJ über Franziskus als Jesuiten.

Anschließend gibt Prof. Dr. Dr. Thomas Sternberg einen Überblick über den Inhalt der Exhortatio, woraufhin Bischof Dr. Felix Genn aus seiner Sicht darauf eingeht, was dies für einen Bischof bedeuten kann. Schließlich reflektiert Thomas Schwarz das erste Jahr des Pontifikats und nimmt dabei insbesondere seinen Einsatz für Menschen an den Rändern der Gesellschaft in den Blick. Franziskus schreibt in "Evangelii Gaudium", er wisse sehr wohl, dass heute die Dokumente nicht dasselbe Interesse weckten wie zu anderen Zeiten und schnell vergessen würden. Trotzdem betont er, dass das, was er sagt, eine programmatische Bedeutung habe und wichtige Konsequenzen beinhalte. Wie sich diese Kirche verändern könnte, kann in diesem Buch nur vermutet werden. Auf jeden Fall bietet das erste Jahr des Pontifikats einen hoffnungsvollen Ausblick an. Franziskus ist sich der Sprengkraft seiner Worte und Taten gewiss bewusst. Es bleibt an uns, seinem Aufruf zu folgen, wachsam zu bleiben für seine Zeichen und die Zeichen der Zeit, aufzurütteln und gleichzeitig uns selber immer wieder aufwecken zu lassen.

edition akademie franz hitze haus; 20
Münster: dialogverlag, 2014
ISBN 978-3-941462-95-3, Preis: 8,- €

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