In den gegenwärtigen Debatten um die Anpassung der sozialen Sicherungssysteme an die veränderten finanziellen und demographischen Bedingungen geht es auch um die Vorstellungen von gerechter Gesellschaft. Was macht eine gerechte Gesellschaft aus? Gibt es eigentlich "Gerechtigkeit" im Singular, und wie sind die Gerechtigkeiten durchzubuchstabieren? Dazu haben sich Denker der römischen Antike, des christlichen Mittelalters und der Neuzeit immer wieder geäußert. Mit der Gerechtigkeit im Plural befassen sich neue Ansätze der Sozialwissenschaft.
"Soziale Gerechtigkeiten. Beiträge zu einer neuen Sozialkultur" war im Jahr 2004 eine Forenreihe in der Akademie Franz Hitze Haus Münster überschrieben. Gerechtigkeit im Plural wurde von allen Fachbereichen der Akademie erarbeitet und mit aktuellen Fragestellungen verbunden. Die Ergebnisse der Reihe, die Vorträge und Diskussionen sind in der vorliegenden Publikation zusammengefasst. Im Jahr 2003 überschrieb die Deutsche Bischofskonferenz ein Papier mit dem Titel "Das Soziale neu denken". Ein solches Neudenken kann nicht heißen, den Konsens über einen gerechten und sozialen Staat, der die Prosperität der alten Bundesrepublik begründete und sicherte, leichthin aufzukündigen. Der Titel des Papiers gilt auch in seiner Umkehrung: Wie ist das Neue sozial zu denken? Der Untertitel der Forenreihe spricht von einer "neuen Sozialkultur". Dies meint die Vergewisserung darüber, dass soziale Grundsätze und Regeln nicht zur Disposition stehen, auch wenn sich Korrekturen und Abstriche in der Ausgestaltung der Sozialordnung nicht vermeiden lassen. Die europäische Tradition des Nachdenkens über den Staat und das Gerechte bietet die Distanz einer Orientierung, die solche Reformen ermöglicht, die nicht von der maximalen Durchsetzung der Starken auf Kosten der "nicht-konfliktfähigen" Gruppen bestimmt sind, sondern zu einer neuen "Sozialkultur" im weltweitem Horizont führen.
Die Beiträge dieses Buches beteiligen sich an der gesellschaftlichen Debatte um eine neue Sozialkultur. Wir hoffen, dass diese Zusammenfassung der Forumsreihe unserer Akademie einen Einblick in die zahlreichen Facetten der gegenwärtigen Gerechtigkeitsdiskussion bieten kann.
Münster: dialogverlag 2006, ISBN 3-937961-28-3,
Preis: 14,80 €
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