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Wahrheit und Konkurrenz

Wahrheit und Konkurrenz

Zur jüdischen Dimension des Christentums sechzig Jahre nach »Nostra Aetate«

Bis ins 20. Jahrhundert wurde das Judentum aus christlicher Sicht als »verblendet«, »minderwertig« und »überholt« beschrieben und verstanden. Christlicher Antijudaismus war nicht die Ausnahme, sondern der theologische und kirchliche Normalfall. Eine Veränderung dieser Sichtweise wurde im Zweiten Vatikanischen Konzil mit der Erklärung »Nostra Aetate. Über das Verhältnis der Kirche zu den nichtchristlichen Religionen« 1965 eingeleitet. Das »gemeinsame Erbe« und das »geistliche Band« von Judentum und Christentum wurden betont, ebenso die weiterbestehende Liebe Gottes zu den Juden und der unwiderrufliche Bund Gottes mit Abraham.

Vor dem Hintergrund der Shoah sprach sich die Kirche deutlich gegen jede Form des Antijudaismus und Antisemitismus aus. Insbesondere kritisiert die Erklärung den zentralen antijüdischen Vorwurf der »Christusmörder«, indem das Dokument klar formuliert, dass das Leiden und Sterben Jesu weder »allen damals lebenden Juden ohne Unterschied noch den heutigen Juden zur Last« zu legen sei. Zudem seien die Juden nicht »von Gott verworfen oder verflucht«, sondern »immer noch von Gott geliebt«, was der verbreiteten antijüdischen These von der Ablösung des Judentums durch die Kirche als Gottesvolk widerspricht.

So fraglos die Erklärung eine epochale Neubestimmung des Verhältnisses von katholischer Kirche und Judentum war, so klar sind heute die Grenzen des Dokumentes erkennbar. Sechzig Jahre später und angesichts eines global zunehmenden Antisemitismus müssen sich katholische Kirche und Theologie die Frage stellen, wie ernst sie das Judentum tatsächlich genommen haben und heute nehmen? Wie deutlich sind heutige theologische Disziplinen weiterhin von einem Superioritätsdenken gegenüber dem Judentum durchzogen? Um hier neue Schritte zu gehen, müssen Wahrheitsansprüche beider Religionen reflektiert und ins Verhältnis gesetzt werden. Der Abend wird aus exegetischer, fundamentaltheologischer und jüdischer Sicht dieses Verhältnis darstellen und diskutieren.

Prof. Dr. Lutz Doering Neues Testament und antikes Judentum, Evangelisch-Theologische Fakultät, Institutum Judaicum Delitzschianum, Universität Münster

Prof. Dr. Johannes Schnocks Institut für Biblische Exegese und Theologie, Katholisch-Theologische Fakultät, Universität Münster

Prof. Dr. Martina Bär Fundamentaltheologie, Institut für Systematische Theologie und Liturgiewissenschaft, Universität Graz

Rabbiner Levi Israel Ufferfilge Judaist, Jiddist, Religionspädagoge, Oldenburg

Zusammenarbeit mit Institut für Biblische Exegese und Theologie, Katholisch-Theologische Fakultät, Universität Münster; Gesellschaft für Christlich-Jüdische Zusammenarbeit Münster

Zur Anmeldung: Wahrheit und Konkurrenz